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Montag, 24. März 2014

Erfahrung vs Kenntnis–oder “Wer nichts weiss, muss alles glauben!”

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Ein ewiger Streit ist ja das Thema "Ausrüstung vs Erfahrung". Wobei die Erfahrung gerne mit dem Wissen gleichgestellt wird. Ich erlaube mir nun, hier etwas Blasphemie zu betreiben: Erfahrung alleine ist kein Garant für Wissen. Erfahrung alleine kann auch nur ein Zeichen für einen guten Schutzengel oder schlicht und einfach viele glückliche Zufälle sein. Und das sage ich als jemand, der seit gut 25 Jahren in dem Sektor unterwegs ist! Trotz dieser Zeit muss ich sagen, ohne eine fundierte Basis, wären meine Erfahrungen nur Erinnerungen, ohne substantiellen Wert und ich würde hilflos umherirren wie eine Schar von Ameisen! Warum? Das will ich hier erklären!

Generell gilt. Wenn etwas funktioniert, kann es viele Gründe geben, korrekte Ausführung ist nur einer, unter vielen. Als Beispiel, ein Freund trank vor einigen Jahren, auf den letzten hundert Metern eines Aufstiegs, seinen gesamten Trinkrucksack leer, damit er "3kg weniger tragen muss".  Nach kurzem Nachdenken wird man feststellen, warum das eine falsche Rechnung ist und keiner Überprüfung stand hält. Trotzdem fühlte er sich danach besser und schaffte die Strecke. Er hätte es auch mit jeder anderen Motivation geschafft. Aber in diesem Moment, war es der ausschlaggebende Faktor. Im Nachhinein könnte man aus dieser daraus die Regel ableiten,  dass man besser läuft, wenn man den Inhalt eines Trinkrucksacks  in den Magen verschiebt.  Ist man jedoch in der Lage, dies empirisch zu überprüfen, wird man eventuell darauf kommen, dass ein zu voller Magen die Atmung behindert und es keineswegs einen signifikanten Unterschied macht, ob sich die 3kg Wasser im Bauch oder auf dem Rücken befinden.

Der große Unterschied zwischen Wissen und Erfahrung ist: Wissen und Kenntnisse ist/sind situationsabhängig abrufbar und wiederholbar, Erfahrung(en) unter Umständen auf bestimmte Situationen beschränkt. Wenn ich bei einem Gewitter einen Draht in meine Feuerstelle gesteckt habe und der Blitz das Feuer entzündete, ist das toll, ich kann aber nicht nachweisen oder erwarten, dass es immer so funktioniert. Wenn ich das Feuer mit meinem Feuerstahl, Zunder und Watte entfacht habe, weiß ich, dass ich jederzeit, unter gleichen Bedingungen, das selbe Ergebnis erzielen kann.  Das Problem ist, dass viele eine einmalige Erfahrung ("Das hat da-und-da auch funktioniert, also ist das richtig!") bereits als gemeißeltes Wissen ansehen und auch so kommunizieren. Dadurch entstehen sehr oft Dogmen und Halbwissen, die in unserem Bereich sogar gefährlich werden können.

Natürlich ist ein Wissen, ohne die nötigen praktische Erfahrung in der Anwendung, in der Realität schwer abrufbar und selten von Erfolg gekrönt. Die Umsetzung von reinem "Papierwissen" in der Praxis kann sehr frustrierend werden, wenn man nicht die nötige Erkenntnispraxis hat. Sich schlicht auf steriles Wissen zu verlassen, ist eben so wenig zielführend, denn ungeachtet des Hintergrundwissens, ist ein erster Versuch immer noch ein Versuch - und der kann scheitern. Ohne Erfahrung hat man hier dann das Problem, mittels "Trial & Error" Überprüfen zu müssen, warum der Versuch nicht gelang.

Eine gute Basis an Kenntniss oder Wissen ermöglicht reproduzierbare, nachweisbare Ergebnisse, setzt aber auch Routine im Einsatz voraus. Wissen kann aus Erfahrungen entstehen, wenn die Erfahrung hinterfragt wird, Erfahrung ist jedoch nahezu wertlos, wenn sich neue Herausforderungen, die nicht schon in anderer Form gemeistert wurden, stellen.

Was ist nun mein Fazit? Nun, meine Idee wäre, sich mal ein paar fundierte Fachbücher zur Hand zu nehmen - auch wenn man die Inhalte "alle schon kennt" - und sich mal bei jedem dieser ach-so-alten-und-bärtigen Allerweltstricks fragen, warum das denn funktioniert. Wenn man weis, warum Laub isoliert, dann hat man die Chance  auch Ersatz zu finden, wenn kein Laub da ist. Wenn man weis, warum der "Kochanski Super Shelter" so super ist, wird man auch sein Nicht-Survival Lager anders bauen.  Und wenn man weis, wie sich der Flammpunkt von Holz errechnet, warum Feuchtigkeit diesen herab setzt und wie man diese Entwicklung beeinflussen kann, wird - auch nach 20 Jahren Outdoor - das schüren eines Lagerfeuers mit anderen Augen sehen!

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